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Friedhofs- und Bestattungskultur um 1900– Die schwarze Witwe lädt zum „Friedhofsgeflüster“ auf dem Waldfriedhof

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Ca. 50 Besu­chende lauschten ver­gan­ge­nen Freitag einer schwarz geklei­de­ten Dame. In ein his­to­ri­sches Gewand gehüllt, mit Hut, Hand­ta­sche und Lip­pen­stift, nahm die Schwarze Witwe ihre Zuhörer*innen mit auf einen span­nen­den Friedhofsrundgang.

Die Schwarze Witwe ist eine elegante Figur aus ver­gan­ge­nen Zeiten, um genau zu sein aus dem späten 18. oder frühen 19. Jahr­hun­dert. Sie erzählt über Bräuche und Rituale, die früher von den Menschen gepflegt wurden, um die letzte Lebens­phase ihrer Lieben zu begleiten oder sich von ihnen zu verabschieden.

So war es bei­spiel­weise üblich, dass Menschen nach Ver­ster­ben noch 3 Tage zuhause im Kreise von Familie und Freunden blieben. In dieser beson­de­ren Zeit wurde den Ver­stor­be­nen ein buntes Unter­hal­tungs­pro­gramm geboten. Es wurde musiziert, gesungen, getanzt, vor­ge­le­sen und Märchen erzählt. Denn die Menschen glaubten daran, dass die Seele des Ver­stor­be­nen unter­hal­ten werden möchte.

Die Seele war damals also etwas, was auch nach Ver­ster­ben noch mit mensch­li­chen Bedürf­nis­sen in Ver­bin­dung gebracht wurde.

So wurde auch beim Begräbnis dafür gesorgt, dass die Ver­stor­be­nen mit allem versorgt sind, was benötigt werden könnte. Übliche Sarg­bei­ga­ben waren z. B. Zahn­ersatz und Zahn­bürs­ten. Auch ein Spa­zier­stock oder ein Regen­schirm wurden gerne beilegt. Kindern gab man sogar ihre Schul­bü­cher mit.

Oftmals wurden den Ver­stor­be­nen vor der Beer­di­gung die Haare entfernt. Ein skurriles Ritual, welches jedoch einer wert­vol­len Sache diente: der Schaffung von Erin­ne­run­gen. Aus den Haaren fertigte man Kunst­werke wie Schmuck­stü­cke oder Bilder, um die Ver­stor­ben bei sich zu haben und mit ihnen verbunden zu bleiben.

Bei diesen Bräuchen lassen sich einige Ver­bin­dun­gen zu der heutigen Zeit finden. Auch heut­zu­tage werden Erin­ne­rungs­stü­cke aus z. B. Fin­ger­ab­drü­cken oder der Lieb­lings­klei­dung her­ge­stellt oder es wird etwas in den Sarg gelegt, was dem Ver­stor­be­nen etwas bedeutet hat.

Denn egal, welches Jahr oder Jahr­hun­dert wir haben. Wir wollen uns an unsere Lieben erinnern und würdevoll von ihnen Abschied nehmen.