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Liebe im Gepäck - Ein neues Kapitel im Hospiz beginnt

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„Wer hätte gedacht, dass ich hier doch nochmal so auflebe.“

Das Leben auf den Kopf gestellt

Sie sitzt in ihrem Lieb­lings­ses­sel, die Füße sind hoch- gelegt, die Vögel zwit­schern und picken fröhlich ihr Futter vor der Ter­ras­sen­tür. Frau H., eine 83-jährige Dame, die im Spät­som­mer in das Hospiz Zum Guten Hirten ein­ge­zo­gen ist, genießt den Moment. Zuhause war sie es, die den Haushalt managte, die wusste, wo alles zu finden war und die mit ihrer Kochkunst köstliche Mahl­zei­ten für die Familie zube­rei­tete. Doch eine schwere Krebs­dia­gnose hat ihr Leben komplett auf den Kopf gestellt. Kran­ken­haus­auf­ent­halte, Schmerz­the­ra­pien und Über­for­de­rung bestimm­ten von da an ihren Alltag.

„Mein Mann und ich haben uns immer ergänzt, 2 sich ergän­zende Hälften“ – beschreibt Frau H. ihre Ehe.

Liebe kennt keinen Ort

Liebevoll umsorgt, die best­mög­li­che Pflege und immer jemand für sie da – das wünscht sich Herr für seine Frau am Lebens­ende. So war er es, der die Initia­tive ergriff und sich um einen Hos­piz­platz bemühte. Vom Erst­ge­spräch bis zum Einzug von Frau H. waren es nur drei Tage. In dieser Zeit zeigte sie ihrem Mann, wie Wasch­ma­schine, Trockner und Spül­ma­schine funk­tio­nie­ren und wo er die Geheim­nisse des all­täg­li­chen Haushalts entdecken konnte. Was sie im Hospiz erwarten würde, wusste sie nicht.

„Im Kran­ken­haus dachte ich, jetzt ist alles aus, aber hier ist es anders. Wer hätte gedacht, dass ich hier doch nochmal so auflebe. Das Leben ist noch selbst- bestimmt hier und ich kann noch Ent­schei­dun­gen treffen. Ich schätze die lie­be­volle Betreuung und die warme Atmo­sphäre. Ich fühle mich behütet und gut auf­ge­ho­ben und kann die Zeit mit meinem Mann genießen“ erzählt Frau H. von ihrem neuen Zuhause.

Liebe im Gepäck

Zusammen ist das Ehepaar jeden Winter nach Teneriffa aus­ge­reist – zum Sonne genießen, Freunde treffen und Abschal­ten. Dank der Wärme und der Inselluft geht es dort beiden gesund­heit­lich so gut, dass Frau H. dann nur die Hälfte der Schmerz­mit­tel und Herr H. viel weniger Asth­ma­spray benötigt. Diesen Winter ist so eine Reise nicht mehr möglich. Trotzdem hat Herr H. jeden Tag einen kleinen Koffer dabei, wenn er seine Frau im Hospiz besucht. Darin versteckt sich zumeist ein Stück aus dem Alltag seiner Frau. Doch nicht nur in Form von Kleidung, die Herr H. zum Reinigen mitnimmt oder frisch ein­sor­tiert. Es sind Wasch­mit­tel, die Herr H. nicht anzu­wen­den weiß. Oder auch die Fleck­ent­fer­ner in Sei­fen­form und als Flüs­sig­seife, bei denen er den Rat seiner Frau braucht.

Da muss erst einmal bespro­chen werden, was denn nun wie ange­wen­det werden kann. Manchmal bringt er auch unbe­kannte Dinge aus der Küche mit, bei­spiels­weise die kleinen Körner in einem Glas, die er nicht kennt. Sie schmecken nach trockenem Brötchen und Frau H. wusste direkt, dass es das Panier­mehl ist. Es war nie nötig, diese Dinge zu beschrif­ten. Aber jetzt spielt es auf einmal eine Rolle. Beim letzten Mal waren alle CDs von Frau H. im Koffer, die sie alle nochmal hören möchte. Das Ehepaar ergänzt sich auch im Hospiz – nur auf eine andere lie­be­volle Art und Weise.

Das Leben ist kein Wunschkonzert…

… und doch werden manchmal Wünsche auch am Lebens­ende noch wahr. Nach ihrem Einzug fragt Herr H. seine Frau, ob sie noch einen beson­de­ren Wunsch hat. Frau H. wollte schon immer einmal die Elb­phil­har­mo­nie besuchen. Dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Gemeinsam mit ihrer Tochter ist sie mit dem Wün­sche­wa­gen des ASB nach Hamburg gefahren. Der Dresdner Kreuzchor gab ein wun­der­schö­nes Konzert. „Was für eine Akustik, das war so toll – einfach ein Genuss“ schwärmt Frau H. von diesem beson­de­ren Highlight und schmiegt sich in ihren Sessel, während sie die Erin­ne­run­gen wie einen Film vor sich abspielen lässt.

Liebe kann man nicht verschwenden

Unsere Gästinnen und Gäste, wie wir liebevoll die­je­ni­gen nennen, die in das Hospiz Zum Guten Hirten einziehen, erhalten die best­mög­li­che Pflege, eine empa­thi­sche Beglei­tung und unsere volle Auf­merk­sam­keit rund um die Uhr. Unser mul­ti­pro­fes­sio­nel­les Team, bestehend aus exami­nier­ten Pfle­ge­fach­kräf­ten, einer Sozi­al­ar­bei­te­rin sowie Haus­wirt­schafts­kräf­ten, kümmert sich rund um die Uhr um die Bedürf­nisse und indi­vi­du­el­len Wünsche unserer Gästinnen und Gäste. Doch die laufenden Kosten für ein Hospiz werden von den Kos­ten­trä­gern lediglich bis zu 95 % refinanziert.

Im Hos­piz­all­tag sind wir auf ehren­amt­li­ches Enga­ge­ment wie auch finan­zi­elle Unter­stüt­zung ange­wie­sen. Nur durch dieses frei­wil­lige Enga­ge­ment wird diese wertvolle Hos­piz­ar­beit erst möglich.