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"Wenn ich erst mal hier bin, bleibe ich auch!" Eine Gästin erzählt...

„Hier kann ich tun und lassen was ich will“

Mit der Sonne im Gesicht sitzt Frau E. im Rollstuhl auf der Terrasse ihres Zimmers, der Kaf­fee­be­cher ist frisch aufgefüllt und eine kusche­lige Decke ziert ihr Bett.

Seit März ist Frau E. unsere Gästin. Bereits im September stand sie schon auf der War­te­liste mit der Sicher­heit, dass sie eines Tages zu uns kommt, wenn es zuhause nicht mehr geht. Bis dahin war sie hin- und her­ge­ris­sen, fragte sich immer wieder, ob nun der richtige Zeitpunkt für den Auszug aus ihrer Wohnung – und damit in unser Hospiz – gekommen ist. Zuhause ließen die Kräfte nach, das Duschen im oberen Bad war nicht mehr möglich und Frau E. fühlte sich nicht mehr wohl. Mit einem Anruf wurde sie über einen freien Platz infor­miert und beschloss noch in derselben Nacht „Jetzt ist Schluss!“, sagte ihrer Familie Bescheid und zog zwei Tage später in das Hospiz ein. Für Frau E steht fest: „Wenn ich erstmal hier bin, bleibe ich auch!“. Bei ihr gibt’s keine halben Sachen. Ihr letztes Zuhause hat sie sich selbst aus­ge­sucht. Es sollte ein Hospiz sein, bei dem sie noch „mit­mi­schen“ kann und wo gelebt wird. Nachdem sie sich einige Hospize ange­schaut hatte, kam im Hospiz Zum Guten Hirten sofort der „AHA-Effekt“. „Ich dachte mir: oh kuschelig und fühlte mich sofort wohl. Die Leute hier sind so herzlich und ich komme mit jedem gut klar.“ Besonders der Gemein­schafts­raum mit Wohnküche gefällt ihr. Sie fühlte sich vom ersten Tag an gut auf­ge­ho­ben und versorgt. Hier ist immer jemand, der für sie da ist. Ob beim Duschen, Haare frisieren oder einfach für Gespräche und gemein­sa­mes Lachen. Ihre Tage verbringt die gelernte Fri­seur­meis­te­rin am liebsten mit „schnacken“, im Wohn­zim­mer oder draußen auf der Terrasse. Sie kann eine ganze Reihe an Vogel­ar­ten aufzählen, die sich an ihrer Fut­ter­sta­tion bedienen. „Ist so ein Hobby von mir“. Selbst Rehe, Storche und Sil­ber­rei­her hat sie schon gesichtet. Aber manchmal braucht Frau E. auch Ruhe und Zeit für sich in ihrem Zimmer, besonders an Tagen, an denen es ihr nicht so gut geht. Das schätzt sie am meisten im Hospiz: „Hier kann ich tun und lassen, was ich will. Manchmal trauen sich die Pflegekräfte dann gar nicht herein, wenn das „nicht stören“-Schild draußen hängt. Da muss ich dann immer schmun­zeln, wenn sie sich hereinschleichen.“

Ihre Abschieds­feier hat sie schon geplant – zusammen mit ihren Kindern und dem Enkel. Es wird eine See­be­stat­tung werden, denn die lei­den­schaft­li­che Seglerin hat in ihrem Leben viel Zeit mit der ganzen Familie auf dem Meer verbracht. Die Familie ist ihr größter Anker in dieser schweren, letzten Zeit. „Für die See­be­stat­tung habe ich mir schon einen bestimm­ten Ort aus­ge­sucht, den auch meine Familie immer mit dem Segelboot besucht.“

Für die letzten Tage wünscht sie sich nicht allein zu sein. „Ich möchte, dass immer jemand da ist. Meine Kinder sollen bei mir sein und bleiben, bis ich in Ruhe und in Frieden gehen kann.“ Und dann schließt sich der Kreis des Lebens an dem Ort, an dem Frau E. auch geboren wurde.

Doch bis dahin hat sie noch ein, zwei Ziele im Auge. „Ein Besuch im Tierpark Hagenbeck steht noch an und viel­leicht bleibe ich euch ja noch länger erhalten und knacke den Rekord hier – wer weiß, was das Leben noch bereit hält.“

Wir wünschen es ihr von ganzem Herzen!